Die Kirche Saint-Jean-Baptiste Chartres-Rechèvres

Saint-Jean-Baptiste Chartres-Rechèvres, außenDas Grab von Franz Stock befindet sich seit 1963 in der Kirche Saint-Jean-Baptiste in Chartres-Rechèvres.

Am 01. April 1951 hat Bischof Harscouet im nordöstlichen Bereich von Chartres in einem neuen Wohnviertel mit der Bezeichnung „Rechèvres“ eine neue Pfarrei errichtet. Da an ein Kirchbau zunächst nicht zu denken war, wurde eine Kapellenbaracke, die im freien Feld auf dem Gelände des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers Nr. 501 stehengeblieben war demontiert und in Rechevres wieder aufgebaut. Eine erste Verbindung zwischen der neuen Gemeinde, dem Stacheldrahtseminar und Franz Stock. Eine Verbindung, die sich in den Folgejahren intensivierte.

Am 24. September 1961 erfolgte die Weihe der neuerbauten Kirche Saint-Jean-Baptiste im Stadtteil Rechèvres von Chartres (Besucherinformation). Zwei Jahre später wurden die Gebeine Abbé Stocks in diese Kirche umgebettet.

Saint-Jean-Baptiste Chartres-Rechèvres, innen / Die Kirchenfenster von Max Ingrand.
Die Kirchenfenster
von Max Ingrand.
franz stock grab chartres 2000
Das Mosaik der Grabkapelle
von Gabriel Loire.

Die Exhumierung erfolgte am 13. Juni 1963 auf dem Friedhof Thiais in Paris. Die Beisetzungsfeierlichkeiten waren am 15. und 16. Juni in Chartres. Genau zwischen diesen Tagen, am 14. Juni, fand die Billigung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages, von de Gaulle und Adenauer am 22. Januar 1963 unterzeichnet -oft auch Elysée-Vertrag bezeichnet- durch die Assemblée Nationale, die französische Nationalversammlung, statt.

Bei der Feierstunde draußen auf dem Platz vor der Kirche, der „Place Abbé Stock“ benannt wurde, betonte der französische Minister Edmond Michelet in seiner Ansprache: „Quelle émouvante coincidence! - Welch ergreifendes Zusammentreffen! Niemand kann achtlos vorbeigehen an der Tatsache, daß Gott es so gefügt hat, daß diese deutsch-französische Begegnung nur wenige Tage nach der Verabschiedung des Versöhnungsvertrages durch das französische Parlament stattfindet.“

Die Versöhnung wurde schon äußerlich sichtbar an dem reichen Flaggenschmuck auf dem Kirchvorplatz, wo die Trikolore neben der schwarz-rot-goldenen Fahne wehte. Als die beiden National-hymnen gespielt wurden, sagte eine Ärztin aus dem kleinen Dorf Allagen bei Soest, die neben mir stand: „Dies ist eine geschichtliche Stunde“. Und Pater Closset vermerkt in seinem Buch „l’Aumônier de l’Enfer“ (Der Seelsorger der Hölle): „Prälat Stehlin (Direktor der Caritas in Freiburg/Breisgau) hatte Recht, als er spontan reagierte: ‘Hier wird Geschichte.’

Genau in diesen Tagen wurde Papst Johannes XXIII in Rom zu Grabe getragen. Der päpstliche Segen aus dem Vatikan für diese Feierstunde trug die Namenszüge eines Toten. Auf dem Sterbebette hatte Papst Johannes XXIII das Telegramm zu den Feierlichkeiten der Umbettung unterzeichnet - wie ein Vermächtnis.


 


Die Kirche von St. Jean Baptiste in Chartres-Rechèvres kündet durch ihre Form nicht nur von der wahren christlichen Gemeinschaft um den Opferaltar, sondern sie verkörpert noch seine Botschaft, die Botschaft des Friedens und der Versöhnung zweier Völker.

Diese Botschaft hat ihren Ursprung in der wunderbaren Geschichte des „Priesterseminars hinter Stacheldraht“ in Chartres. Die Erinnerung an dieses Blatt der Geschichte des letzten Krieges ist eingeschrieben in den Stein des Altars. Ein Text in französischer Sprache nennt die Namen der Gründer und Wohltäter dieses Lagers sowie die Namen der deutschen Oberen des Seminars. Eine zweite Inschrift in deutscher Sprache deutet den Sinn der Schenkung der ehemaligen „Chartrenser“ für diese Kirche: „Die ehemaligen deutschen Seminaristen hinter Stacheldraht im Kriegsgefangenlager bei Chartres, 1945-1947, haben diesen Altar als Denkmal ihrer Dankbarkeit und Treue und als christliches Friedenszeichen gestiftet. 24. Sept. 1961.“

Seiner Exzellenz, Mgr. Michon, der Bischof von Chartres, erlaubte es, in diesem Altar eine Pergamentrolle mit den Namen der 950 Gefangenen und ihrer französischen Wohltäter einzumauern, an der Seite der Reliquien der Märtyrer.

Wenn auch der Hauptaltar Johannes dem Täufer, dem Patron der Pfarrei, geweiht ist, so umschließt er doch Reliquien des Schutzpatrons von Paris, St. Dyonisus, des Maristen-Paters und Patrons von Ozeanien, Pierre Chanel, und des Apostels der Deutschen, St. Bonifatius. Der Sakramentsaltar ist dem Patron Deutschlands, dem hl. Bonifatius, geweiht. Er enthält die Reliquien der gleichen Märtyrer.

So ist diese Kirche, die nach dem Willen ihrer Erbauer wesenhaft auf die Gemeinde hingeordnet ist, doch weit auf die Welt hin geöffnet; denn eine wahrhaft christliche Gemeinschaft darf sich nicht auf sich selbst zurückziehen. In der Kraft Christi und seines eucharistischen Opfers muss sich mit innerer Notwendigkeit hinwenden zu allen Menschen in der Welt. Sie sind unsere Brüder, von welchem Lande, welcher Rasse und Sprache sie auch seien.

Diese Botschaft, die Botschaft der Einheit und des Friedens, möchte diese Kirche all denen verkünden, die kommen hier zu beten.

R. Closset
(aus Dokumentation Deutsch-Französischer Friedensbemühungen, 1986)

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