In der Pfarrkirche St. Johannes Baptist in Neheim wurde im Dezember 2008 ein Ort des Gebetes und Gedenkens an Franz Stock gestaltet. An diesem Ort, seiner Heimatkirche, wurde Franz Stock getauft und feierte seine Primiz. Im Mittelpunkt der ehemaligen Taufkapelle steht nun ein von Franz Stock 1946 als Kriegsgefangener im „Stacheldrahtseminar“ in Le Coudray bei Chartres selbst gemaltes Bild, „Pieta“. Es wird von Pfählen getragen, die an die Erschießungspfähle am Mont Valérien bei Paris erinnern. Der Entwurf für die Neugestaltung der ehemaligen Taufkapelle stammt von Wilfried Lahme und wurde von der Firma Berting umgesetzt. Am Fuß der Pfähle sind Steine aus Paris, Chartres und Arnsberg niedergelegt als Symbole der Tätigkeitsfelder Franz Stocks. Vor der Anlage sind Pulte angebracht worden für Schriften und ein Buch, das die Möglichkeit bietet, Gebetsanliegen und Gedanken niederzuschreiben.
Bildbeschreibung
Mitten in die Szenerie des Stacheldrahtseminars hinein hat Franz Stock sein traumatisches Erlebnis der tausendfachen Erschießungen der von der Wehrmachtsgerichtsbarkeit in den Jahren 1940 bis 1944 Verurteilten auf dem Mont Valérien bei Paris gemalt. Er begleitete als Seelsorger der Gefängnisse in Paris nach eigenen Angaben etwa 2.000 Verurteilte bis zum Erschießungspfahl, wobei er diese Menschen bis zum bitteren Ende als Ebenbilder Gottes gewürdigt hat. Da dieser Pfahl, hier in die Mitte des Bildes gesetzt, in Stocks Augen zum Kreuz seines Weltkriegejahrhunderts geworden ist, sind daran nach seinem priesterlichen Selbstverständnis nicht irgendwelche Menschen erschossen worden, sondern vieltausendmal Christus, Gottes Sohn, den die Umstehenden hier betrauern.
Wenn von den französischen Behörden und kirchlichen Autoritäten nach dem Ende des Weltkrieges die Einrichtung des Stacheldrahtseminars als eine Maßnahme zur geistigen und politischen Erneuerung Deutschlands angesehen wurde, was Franz Stock und die Seminaristen auch so verstanden und mitgetragen haben, so hat Stock darüber hinaus durch die Gestaltung der Mitte dieses Bildes auszudrücken versucht, in die konstruktiven Gedanken einer Erneuerung und Befriedung Europas auch die immerwährende Gefährdung der menschlichen Gesellschaft durch Gewalt, Mord und Krieg mitschwingen zu lassen. Insofern fordert das Bild letztlich den Betrachter dazu auf, sich gegen das Böse in der Welt, gegen Hass, gegen Feindschaft, Verachtung, Verfolgung und Vernichtung zu stemmen.
„Wenn du gerufen wirst, musst du gehen“. Abbé Stock war bereit zu gehen und bei den Menschen zu sein – bis in die Hölle des Erschießungshügels vom Mont Valérien oder ins Kriegsgefangenenlager von Chartres. Was ihm geistlich die Kraft dazu gab, zeigt ein Bild, das wir hier in Neheim haben und das Abbé Stock selber gemalt hat.
Es zeigt Maria. Sie trauert um ihren Sohn Jesus. Im Hintergrund: Abbé Stock. ER ist es, der Jesus in seinen Armen trägt. Um sie herum stehen die Priesterkandidaten im düsteren Umfeld des Stacheldrahtseminars in Chartres. Das Bild zeigt, wie Abbé Stock seinen priesterlichen Dienst verstanden hat: Den toten Jesus im Arm scheut er das Kreuz Christi nicht, sondern teilt das Schicksal der Menschen bis zum Letzten...
Abbé Stock wusste: Gottes Liebe zeigt sich gerade in den Abgründen der Angst, des Misstrauens und des Hasses. So wurde er zum Boten der Liebe Gottes. In Chartres fand er die Kraft, junge Männer in den Kriegsgefangenenlagern zu Priestern auszubilden, die ihrerseits zu Boten des Glaubens werden sollten. Im Mittelpunkt seines Lebens stand die Eucharistie. Und auch für uns ist sie Quelle und Höhepunkt des Glaubens. Denn in der Feier der Kommunion werden wir eins mit Jesus Christus und haben Anteil an seinem Schicksal. Gott stärkt uns so auf unserem Lebensweg, damit wir – wie Abbé Stock – zu Zeugen der Liebe Gottes und des Friedens Christi werden.
P. Max. I. Cappabianca OP